Offenbacher Pfeffernüsse – Eine vergessene Leckerei

Offenbacher Pfeffernüsse – Eine vergessene Leckerei

Einst weltbekannte, gefragte Spezialität – dann vergessen

Offenbach am Main war im 18. Jahrhundert für seine Pfeffernüsse weltberühmt. Die Offenbacher Pfeffernüsse wurden bereits 1757 von dem Zuckerbäcker Johann Fleischmann nach dessen Originalrezept gebacken. Die Stadt Offenbach wurde im Zusammenhang mit den Pfeffernüssen in Büchern, Zeitschriften, Lexika, Messekatalogen und sogar in Tagebüchern erwähnt. Damals waren die Offenbacher Pfeffernüsse, aufgrund der hohen Preise für exotische Gewürze, ein Luxusartikel und für die meisten Leute unerschwinglich. Man erhielt sie nur in Delikatessengeschäften und Hotels der feinen Gesellschaft.

Berühmte Pfefferkuchenanhänger

Die Leckerei wurde am russischen Zarenhof gegessen, Felix Mendelsohn Bartholdy machte auf Reisen extra einen Abstecher nach Offenbach, um die Pfeffernüsse kaufen zu können und schrieb an seine Schwester:

“Ich kann das Düsseldorfer Musikfest nicht dirigieren, weil ich mich ausruhen und nach Soden ziehen muss, fahre mit Frau Bernus nach Offenbach, um Pfeffernüsse zu kaufen.”

Selbst Goethe liebte die Offenbacher Pfeffernüsse so sehr, dass er sie sich immer wieder nach Weimar schicken ließ. Am 13. Januar 1832 schrieb Goethe in einem Brief an Marianne von Willemer:

“…so vermelde ich nächstens einige Wünsche, durch deren Erfüllung ich meinen Gästen wohl ein besonderes Lächeln abgewinnen möchte. Wollen Sie mir indes freundliche Gesichter von meinen Enkeln erwecken, so erbitte mir, etwa im Februar, etwas Offenbacher Pfeffernüsse; bis dahin werden die magenverderblichen Weihnachtsgaben wohl schon aufgespeist sein. Die Menschheit, merke ich, mag noch so sehr zu ihrem höchsten Ziele vorschreiten, die Zuckerbäcker rücken immer nach; indem sich Geist und Herz immerfort reinigt, wird, wie ich fürchte, der Magen immer weiter der Verdammnis entgegengeführt.”

Bereits am 29. Januar 1832 trafen die gewünschten frischen Pfeffernüsse zusammen mit Frankfurter Brenten und Quittenpaste in Weimar ein. Goethe dankte, die Lieferung habe…

“…eine frühere Geschmackslust Ihres bejahrten Freundes wieder aufgeregt, während die Pfeffernüsse und Brenten…im Gegensatz der trübsten Wintertage, mir sonnenfreudlichste Gesichter zu entwickeln nicht verfehlen werden.”

Die Brüder Grimm rieten sogar ihrer Schwester nicht zu viele der Offenbacher Pfeffernüsse zu genießen, denn den verwendeten Gewürzen wurden teilweise aphrodisierende und aufputschende Wirkungen zugeschrieben.

Deutsche Soldaten, auf dem Weg zur Front, schrieben 1870 auf einen Waggon, der mit Bomben und Munition gefüllt war “Offenbacher Pfeffernüsse für Paris”. Die Pfeffernüsse, lobte Meyers Konversationslexikon 1889 werden “besonders gut in Offenbach bereitet”. 1940 forderten Plakate dazu auf, den Soldaten an die Front Pfeffernüsse zu schicken und die Landesregierung von Hessen verschenkte noch bis in die 1980er Jahre zu offiziellen Anlässen und Auslandsbesuchen die Offenbacher Pfeffernüsse, bevor sie in Vergessenheit gerieten.

Original-Rezept ist ein Geheimnis

Dabei wurde und wird das Original-Rezept über Jahrhunderte hinweg wie ein Staatsgeheimnis gehütet und an ausgewählte Nachfolger weitergegeben. Nachdem es über mehrere Konditoren an den Bäcker Bernhard Schulte weitergegeben wurde, vermachte es dieser, als er im Alter von 85 Jahren seine Bäckerei aufgab, am 29. April 1998 seinem ehemaligen Bäckerlehrling Karl Dieter Rehn, der zu diesem Zeitpunkt bereits 65 Jahre alt war. Dieser gab das Rezept an seinen Sohn Matthias weiter, der dem Vater am Sterbebett versprechen musste, dass über Bäckergenerationen hinweg gehütete Geheimnis zu bewahren. Die Bäcker, die nach dem Original-Rezept die Pfefferkuchen gebacken hatten, sollen sich sogar in ihrer Backstube eingeschlossen haben, wenn sie den Teig zubereiteten. Leider werden die Offenbacher Pfeffernüsse nicht mehr nach dem Original-Rezept zum Verkauf gebacken und gerieten fast in Vergessenheit.

Erst als eine Food-Journalistin ein Buch über Offenbach und die Pfeffernüsse schrieb, wurde das Traditionsgebäck immer öfter nachgefragt. Seit 2014 werden die Offenbacher Pfeffernüsse wieder hergestellt, in einem Delikatessengeschäftunbezahlte Werbung und auch online verkauft.

Leider nicht nach dem alten Original-Rezept. Danach backen die Erben des Rezepts wohl nur noch für den Eigenbedarf.

BUKECHI | Offenbacher Pfeffernüsse

Offenbacher Pfeffernüsse nach unserem Rezept

 

Familienrezepte müssen mal wieder ein Traditionsgebäck retten

In die Offenbacher Leckerei gehören Honig, Mandeln/Nüsse, Orangeat, Zitronat, Koriander, Zimt, Mehl, Muskatblüte, Zucker, Eier und Milch. Die Pfeffernüsse sollten würzig schmecken, innen weich sein und die typische rissige Oberfläche haben. Traditionell werden sie ohne Zuckergussglasur gefertigt.

Wie so oft bei Traditionsgebäcken gibt es aber auch für die Offenbacher Pfeffernüsse jede Menge Familienrezepte. Wir haben hier unser eigenes online gestellt und können sehr empfehlen dieses nachzubacken. Dies muss nicht unbedingt zur Adventszeit sein, denn ein Weihnachtsgebäck waren die Offenbacher Pfeffernüsse nie und sollen sie auch nicht sein. Dazu sind sie einfach viel zu lecker, um ein ganzes Jahr darauf warten zu müssen. (Schau gerne auch bei unserem Pfefferkuchen nach Pulsnitzer Art Rezept vorbei.)

Offenbacher Pfeffernüsse

12. November 2020
: Leicht

Offenbacher Pfeffernüsse sind eine besondere Leckerei und waren schon zu Goethes Zeiten sehr beliebt.

Zutaten
  • 250 g Honig
  • 150 g Zucker
  • 1TL Zimt, gemahlen
  • 1 TL Nelken, gemahlen
  • 1 TL Macis/Muskatblüte
  • 1 TL Koriander, gemahlen
  • 1 TL Ingwerpulver
  • 1 TL Piment, gemahlen
  • 1 TL Kardamom, gemahlen
  • 1 TL weißer Pfeffer, gemahlen
  • 2 Eier
  • 7 g Natron, alternativ Hirschhornsalz
  • Saft einer halben Zitrone
  • 550 g Weizenmehl
  • 100 g Zitronat, gehackt
  • 100g Orangeat, gehackt
  • 100 g Mandeln, gemahlen
  • 50 ml Milch
  • optional: 250 g Puderzucker + Zitronensaft für die Glasur
Anleitung
  • Step 1 Honig in einen Topf* geben und bei kleiner Hitze langsam schmelzen.
  • Step 2 Den Zucker und die Gewürze unterrühren.
  • Step 3 Die Masse vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen.
  • Step 4 Die Eier zugeben, wenn die Masse lauwarm ist und unterrühren. Ist die Masse zu heiß gerinnen die Eier.
  • Step 5 Das Natron oder Hirschhornsalz in dem Zitronensaft auflösen und unter die Masse rühren. Vorsicht: Es schäumt! Eine nicht zu kleine Schüssel* wählen!
  • Step 6 Die Milch unterrühren.
  • Step 7 Das Mehl, das gehackte Zitronat, Orangeat und die gemahlenen Mandeln unterkneten.
  • Step 8 Den Backofen auf 190 C vorheizen.
  • Step 9 Backbleche mit Backpapier auslegen.
  • Step 10 Mit angefeuchteten Händen den Teig zu kleinen Kugeln (ca. 12 g) verarbeiten. Die Plätzchen gehen beim Backen auf. Die Kugeln sollten daher nicht zu groß sein und nicht zu dicht auf die Backbleche verteilt werden. Als Faustregel können 4 – 5 x 5 Kugeln pro Backblech gerechnet werden. Zwischendurch immer wieder die Hände anfeuchten, da der Teig sonst klebt.
  • Step 11 Die Pfeffernüsse für 15 – 20 Minuten in den Backofen schieben.
  • Step 12 Die Pfeffernüsse auf dem Backblech abkühlen lassen, bis sie fest sind. Dann auf einem Kuchengitter* vollständig auskühlen lassen.
  • Step 13 Wer die Pfeffernüsse mit Zuckerglasur überziehen möchte, der vermengt den Puderzucker portionsweise mit so viel Zitronensaft, dass ein dickflüssiger Zuckerguss entsteht. Auf den Offenbacher Pfeffernüssen verstreichen und den Guss fest werden lassen.

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