Wenn es um den Christstollen geht, denkt heute wohl jeder zuerst an den berühmten Dresdner Christstollen. Es gibt von dem leckeren Gebäck aber noch zahlreiche andere Varianten. Eine davon stellen wir euch hier vor: Den Naumburger Stollen.
Erste urkundliche Erwähnung im Naumburger Zunftprivileg
„Haben sich und yrn Nachkommlingen alle Jar ewiglich an des heiligen Christus Abende zwey lange weyssene Brothe, die man Stollen nennet, uns zu geben und zu reichen.“
Auch wenn es aus der Anfangszeit des Stollens keine überlieferten Rezepte gibt, kann man also sagen, dass die Hefe erst in der Neuzeit im Stollen Verwendung gefunden hat. Man kann sich die Stollen des 14. Jahrhunderts daher als besonders fetthaltiges Weizenweißbrot mit Rapsöl (Rüböl) und Wasser als einzige Zutaten vorstellen. Alles andere als wohlschmeckend für heutige Gaumen.
Naumburger Hussiten-Kirschfest
Wie der Naumburger Stollen entstand
Die moderne Form des Naumburger Stollens wurde von dem Bäcker Rolf BlockKeine Werbung aus Klosterhäsele bei Naumburg erschaffen. Nachdem Block sich mit der Geschichte des Stollens auseinandergesetzt hatte, stand fest, dass die Stadt in der der Stollen erstmals Erwähnung fand eine eigene Stollenvariante bekommen sollte. Warum sollte man den Stollen auch nur der dem Marketing Dresdner Bäcker überlassen? 2012 beriet Block sich mit Vertretern der Stadt Naumburgs, des Doms und Bürgervereins. Man einigte sich darauf, dass Naumburg eine moderne Variante des Naumburger Stollens mit einem geschichtlichen Bezug erhalten sollte. Da lag es nahe aufgrund des traditionsreichen Kirschfestes einen Naumburger Stollen mit Kirschen und Kirschwasser zu schaffen. Der Bezug zum Mittelalter wird durch das Dinkelmehl hergestellt, das es schon damals gab und das sich heute immer größerer Beliebtheit erfreut. Mit dem Fastengebäck von einst hat aber weder der Dresdner Stollen, noch der Naumburger Stollen noch etwas zu tun. Das gehaltvolle Gebäck enthält die typischen Stollenzutaten Mandeln, Orangeat und Zitronat und natürlich Butter.
Bischofssitz Naumburg
Die Stadt Naumburg wurde erstmals im Jahr 1012 urkundlich erwähnt. Sie ist historischer Sitz des Bistums Naumburg. Der Naumburger Dom gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Bereits im Mittelalter war Naumburg eine wichtige Handels- und Messestadt, die an der Via Regia, gelegen war. Mit dem dreißigjährigen Krieg und dem Aufstieg Leipzigs zur Messestadt Anfang des 16. Jahrhunderts verlor Naumburg an Bedeutung. Bereits 1494 wurden die in der Jüdengasse lebenden Juden mit Erlaubnis des Bischofs Johann III. von Schönberg ausgewiesen, nachdem es zuvor Beschwerden über die angeblichen Wucherzinsen der Juden gegeben hatte. Für die dadurch wegfallenden Judengelder musste die Stadt Naumburg aufkommen.
Martin Luther und die Reformation
Die Stadt Naumburg steht in enger Verbindung zu Martin Luther und der Reformation. Auf dem Weg zum Reichstag zu Worms predigte Martin Luther 1521 in Naumburg, wo er als Gast des Bürgermeisters vom 4. auf den 5. April 1521 übernachtete. Am 18. Januar 1542 reiste Luther erneut nach Naumburg. Begleitet wurde er von Philipp Melanchthon, Georg Spalatin und Nikolaus von Amsdorf. Am Abend desselben Tages fand eine Ratssitzung unter Beisein des Kurfürsten Johann Friedrich I. statt, bei der man sich auf die Einsetzung von Nikolaus von Amsdorf als Naumburger Bischof verständigte. Am 20. Januar 1542 wurde dieser im Naumburger Dom von Luther zum ersten evangelischen Bischof im Heiligen Römischen Reich geweiht.
Wiener Kongress bis heute
Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde Naumburg der neu gebildeten preußischen Provinz Sachsen zugeordnet.
Am 9. und 11. April 1945 wurde die Altstadt von Naumburg durch Luftangriffe amerikanischer Flugzeuge teilweise zerstört. Am 12. April 1945 wurde die Stadt den Amerikanern übergeben. Am 2. Juli 1945 rückte die Rote Armee in Naumburg ein. Naumburg wurde Teil der sowjetischen Besatzungszone und schließlich der DDR. Seit der Wiedervereinigung 1990 gehört die Stadt zum Bundesland Sachsen-Anhalt.
Naumburger Stollen – Kirschen zu Weihnachten
Um das Breitlaufen der Naumburger Stollen beim Backen zu verhindern, kann man vor dem Gehen, aus einem langen Streifen mehrfach gefalteter Alufolie einen ovalen Ring um die fertig geformten Stollen legen. Den Streifen mit einem weiteren Stück Alufolie an den Schnittstellen umwickeln. Alternativ können auch Stollenformen verwendet werden.
Zutaten
- 300 g getrocknete Süßkirschen, alternativ: getrocknete Sauerkirschen
- 4 EL Kirschwasser
- 2 Päckchen Frischhefe
- 250 ml Milch, lauwarm
- 100 g Zucker
- 1000 g Dinkelmehl Type 630
- 350 g Butter, zimmerwarm
- 200 g Marzipanrohmasse
- 1 Zitrone, Schalenabrieb
- 1/2 Teelöffel Salz
- 150 g Mandeln, fein gehackt
- 75 g Zitronat, grob gehackt
- 75 g Orangeat, grob gehackt
- Zum Bestreichen: 125 g Butter, flüssig
- Zum Bestreuen: Zucker und Puderzucker
Anleitung
- Step 1 Die getrockneten Kirschen in ein verschließbares Glas geben, mit Kirschwasser bedecken und das Glas verschließen. Die Kirschen ein bis zwei Tage in dem Kirschwasser* einweichen und hin und wieder vorsichtig durchrühren.
- Step 2 Am Backtag die Kirschen in einem Küchensieb abtropfen lassen und die Flüssigkeit in einem Schälchen auffangen.Die Milch leicht erwärmen und mit dem Zucker in eine große Schüssel* geben. Die Hefe hineinbröckeln, gut verrühren und ca. 10 Minuten stehen lassen.
- Step 3 Die Zitrone abwaschen und die Schale abreiben. Schalenabrieb in die Milch-Hefe-Mischung geben.
- Step 4 Die Butter in Flocken sowie die Marzipanrohmasse in Brocken in die Schüssel geben.
- Step 5 Die Mandeln entweder durch die Mandelmühle* drehen oder mit dem Mixer* fein hacken. In die Schüssel geben.
- Step 6 Die Kirschen halbieren oder grob hacken und in die Schüssel geben.
- Step 7 Das Orangeat und Zitronat auf ein Küchenbrett geben, mit einem Küchenmesser grob hacken und ebenfalls in die Schüssel geben.
- Step 8 Alles mit einem Kochlöffel gut durchrühren.
- Step 9 Das Salz sowie portionsweise das Mehl hinzufügen und erst unterrühren, dann unterkneten. Am besten geht das mit den Händen.
- Step 10 Den Teig zu einer Kugel formen und in die Schüssel legen. Die Schüssel mit Folie bedecken und für ca. 180 Minuten an einen warmen Ort stellen.
- Step 11 Ein Backblech mit Backpapier auslegen.
- Step 12 Den Teig auf der leicht bemehlten Arbeitsplatte noch einmal gut durchkneten und in zwei gleiche Portionen teilen.
- Step 13 Zwei Stollen formen. Dazu jede Teigkugel nacheinander mit der Oberseite nach unten auf die leicht bemehlte Arbeitsplatte legen, flach drücken und zu einem Oval von ca. 25 cm Länge formen. Von den langen Seite her ca. 3/4 des Ovals zur Mitte hin falten, sodass eine Art Glockenform entsteht. Dann von der Spitze her aufrollen. Dabei immer ein Stück rollen, festdrücken, rollen, festdrücken…insgesamt 5 Mal. Am Ende sollte eine Rolle entstanden sein.
- Step 14 Die Rolle fest verschließen und mit dem Schluss nach unten auf das Backblech legen, mit einem Tuch bedecken und ca. 90 Minuten an einem warmen Ort ruhen lassen.
- Step 15 Den Ofen auf 250°C vorheizen.
- Step 16 Die beiden Stollen mit der Handkante mittig der Länge nach eindrücken. Alternativ vor dem Backen mit einem Messer der Länge nach einschneiden.
- Step 17 Das Backblech in den Ofen schieben und den Ofen sofort auf 170°C herunterschalten.
- Step 18 Die Stollen für ca. 60 Minuten backen.
- Step 19 Die Stollen aus dem Ofen nehmen und auf ein Küchengitter legen. Etwas abkühlen lassen.
- Step 20 Die Stollen noch warm von allen Seiten mit flüssiger Butter bepinseln und mit Kristallzucker bestreuen. Anschließend dick mit Puderzucker bestreuen.
- Step 21 Die fertigen Naumburger Stollen über Nacht abkühlen lassen. Dann dicht in Alufolie einwickeln und ca. zwei Wochen an einem dunklen, kühlen Ort ruhen lassen.
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